FleischlosVEGETARISCHE UND VEGANE ERNÄHRUNG IN DER SCHWANGERSCHAFT

Vegan essen liegt derzeit voll im Trend. Aber ist es auch möglich mit veganer Ernährung ein heranwachsendes Kind ausreichend mit allen notwendigen Nährstoffen zu versorgen?

Von offiziellen Gesundheitsstellen wie der AGES (Agentur für Ernährungssicherheit) und der Österreichischen Gesellschaft für Ernährung wird vegetarische und vegane Ernährung in der Schwangerschaft nicht empfohlen. Das liegt vor allem daran, dass das Ernährungswissen in der Bevölkerung nach wie vor – trotz vieler Gesundheitskampagnen – nicht ausreichend ist und auch keine Garantie abgegeben werden kann, dass auf diese Weise eine optimale Versorgung mit Eiweiß und allen für die Entwicklung notwendigen Mikronährstoffen gegeben ist. Fakt jedoch ist, dass das Interesse an alternativen Ernährungsformen – aus welchen Gründen auch immer – steigt.

Was ist der Unterschied zwischen vegetarisch und vegan?

Beide Ernährungsformen sind pflanzlich dominiert. Sogenannte Ovo-Lacto-Vegetarierinnen, Ovo-Vegetarierinnen und Lacto-Vegetarierinnen haben in der Schwangerschaft gewisse Vorteile, da sie zusätzlich Eier und Milch(-produkte) bzw. beides konsumieren. Veganerinnen lehnen jegliche Form von tierischen Produkten ab. Vorsicht ist beim sogenannten „Pudding-Vegetarismus“ geboten! Diese Form des Vegetarismus ist zwar fleischlos, die Ernährung besteht jedoch oft aus Fertigprodukten und Süßspeisen und ist weder für Schwangere noch für nichtschwangere Frauen geeignet.

Worauf muss eine Veganerin in der Schwangerschaft achten?

Grundsätzlich gilt: Eine dem Energiebedarf angepasste, abwechslungsreiche und vollwertige Ernährung mit viel Gemüse (frisch), Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten, Nüssen und hochwertigen Ölen kann den Großteil des Nährstoffbedarfs abdecken. Jedoch gibt es auch hier – genauso wie bei einem Teil von Mischköstlerinnen – Nährstoffe, deren Bedarf oft nicht ganz gedeckt wird und denen man besondere Aufmerksamkeit schenken sollte.

7 Vegan-Regeln für Schwangere

1. Dem Energiebedarf entsprechend essen!

Der Energiebedarf ist bei veganen Schwangeren genauso hoch wie bei schwangeren Mischköstlerinnen. Ab dem zweiten Schwangerschaftsdrittel steigt der tägliche Bedarf um rund 250 kcal an. Der Bedarf ist jedoch individuell und verändert sich abhängig von der körperlichen Aktivität und dem Ausgangsgewicht zu Beginn der Schwangerschaft. In der Schwangerschaft gilt generell Qualität vor Quantität. Vegane und vegetarische Schwangere sollten ihren Mehrbedarf genauso wie schwangere Mischköstlerinnen vor allem durch Vollgetreideprodukte und Pseudocerealien (z. B. Hirse), Gemüse, Obst und Hülsenfrüchte decken.

2. Eiweiß – damit das Baby wachsen kann!

Eiweiß spielt ab dem vierten Schwangerschaftsmonat eine größere Rolle. Empfohlen wird eine Portion von zehn Gramm mehr pro Tag. Vegetarierinnen können diese Mehrportion optimal durch Milch und Milchprodukte sowie Eier decken. Veganerinnen decken diesen Bedarf durch Hülsenfrüchte wie Linsen, Bohnen, Kichererbsen, Erbsen und eventuell Sojaprodukte. Sojaprodukte wie Tofu sind oft sehr hoch verarbeitete Produkte sodass der natürlichen Variante, die Verwendung der Sojabohne z. B. als Gemüsebeilage, der Vorzug gegeben werden sollte. Soja ist zudem ein potenzielles Allergen. Eine weitere Möglichkeit sind der Einsatz von Produkten aus dem Klebereiweiß von Getreide: Gluten aus Weizen oder Dinkel ist im Handel als Seitan erhältlich und wird in der veganen Küche als Fleischersatz verwendet. Voraussetzung ist jedoch, dass die Schwangere unter keiner Glutenunverträglichkeit (Zöliakie oder heimische Sprue) leidet. Es gibt auch viele Produkte aus Lupineneiweiß. Diese sind jedoch genauso wie Sojaprodukte hoch verarbeitet und können zu einer allergischen Reaktion auf Lupinen führen.

Lebensmittelkombinationen aus Hülsenfrüchten mit Getreide (z. B. rote Bohnen mit Mais, Erbseneintopf mit Brot, Linsen mit Reis oder Kichererbsen mit Couscous) eignen sich besonders gut zur Deckung des Proteinbedarfs. Nicht zu vergessen, dass auch Nüsse und Kartoffeln einen wichtigen Beitrag zur täglichen Bedarfsdeckung leisten.

3. Eisenrotes Blut zur Versorgung des Babys!

Durch die jahrelange Einnahme der Pille, Stress und die monatlichen Blutungen ist eine ausreichende Eisenzufuhr für alle Frauen fast ein lebenslanges Thema. In der Schwangerschaft ist der Bedarf etwa doppelt so hoch. Fleisch als Eisenlieferant fällt bei Vegetarierinnen und Veganerinnen aus. Pflanzliche Eisenquellen sind neben grünem Blattgemüse (Spinat, Kohl und Kräuter wie z. B. Petersilie), Hülsenfrüchten, Vollkorngetreide, Hafer, Pseudocerealien wie Hirse, Quinoa und Amarant auch Nüsse und Samen (allen voran Sesam). Letztere sollten in einer veganen Ernährung keinesfalls fehlen.

Eisenreiche Lebensmittel sollten idealerweise mit Vitamin C reichen Lebensmitteln (Orangensaft, Paprika, Fenchel) kombiniert werden um die Eisenaufnahme zu verbessern. Kaffee und Schwarztee sollte man nicht mit dem Frühstücksmüsli kombinieren, da die darin enthaltenen Gerbstoffe die Eisenaufnahme hemmen. Milchprodukte vermindern ebenfalls die Eisenaufnahme. Lacto-Vegetarierinnen sollten also den morgendlichen Getreidebrei besser mit Wasser anstelle von Milch zubereiten. Wird dennoch ein Eisenmangel im Rahmen der Blutuntersuchungen in der Schwangerschaft festgestellt wird der Frauenarzt bzw. die Frauenärztin ein entsprechendes Eisenpräparat verschreiben.

4. Omega-3-Fettsäuren machen Babys intelligenter!

Ungesättigte Fettsäuren wie Omega-3-Fettsäuren kann der Körper nicht selbst bilden. Sie müssen deshalb mit der Nahrung zugeführt werden. Omega-3-Fettsäuren sind für die Gehirnentwicklung und die Sehfähigkeit des Kindes besonders wichtig. Bei veganer Ernährung erfolgt die Bedarfsdeckung durch Öle und Samen. Besonders reich an Omega-3-Fettsäuren sind kaltgepresstes Leinöl, Leinsamen, Hanföl und -samen, Chiasamen, Weizenkeime, Walnüsse und Walnussöl. Täglich ein bis zwei Teelöffel Leinöl pur, auf Salat oder Rohkost trägt zur Versorgung mit diesen wertvollen Fettsäuren bei.

5. Calcium und Vitamin D für Knochen und Immunsystem!

Eine ausreichende Calciumzufuhr in der Schwangerschaft kann durch die Aufnahme von grünem Gemüse wie Broccoli, Wurzelgemüse wie Rote Rüben, Amarant, Nüsse (Mandeln) und Samen (Sesam, Mohn) gewährleistet werden. Auch Mineralwässer mit einem Gehalt von mindestens 150 mg Calcium pro Liter können wesentlich zur Calciumversorgung beitragen. Um Calcium optimal aus dem Darm aufnehmen zu können benötigt der Organismus Vitamin D. Es wird oft auch als Vitamin D-Hormon bezeichnet, seit wissenschaftliche Untersuchungen die Bedeutung dieses Vitamins für unser Immunsystem erkannt haben. Vitamin D kann im Körper durch Sonneneinstrahlung selbst gebildet werden. Eine tägliche Sonnenzeit von 15 bis 30 Minuten je nach Hauttyp ist dafür ausreichend. In der sonnenarmen Jahreszeit kann es aber zu einer Unterversorgung an Vitamin D kommen. Dieser Mehrbedarf ist durch die Ernährung – Pilze, Nüsse und Samen – nicht leicht zu decken. Auch die Vitamin D-Spiegel von Mischköstlerinnen sind oft marginal. In diesem Fall ist die Einnahme von Vitamin-D Präparaten empfehlenswert. Die Blutuntersuchung gibt Aufschluss über den Grad der Unterversorgung. Der Arzt weiß dann wie hoch der zusätzliche Bedarf ist.

6. Vitamin B12

Eine Unterversorgung ist nicht nur bei einer veganen Lebensweise, sondern auch bei Mischköstlern kein seltenes Problem. Bei letzteren dürfte es meist an einem Mangel an Intrinsic-Faktor – dem im Magen gebildeten Transportvehikel für Vitamin B12 liegen. Vitamin B12 ist neben Eisen und Folsäure ebenfalls ein wichtiger Faktor für die Blutbildung. Ovo-Lacto-Vegetarierinnen sind durch die Zufuhr von Milchprodukten und Eiern normalerweise ausreichend versorgt. Vitamin B12-Mangel dürfte jedoch auch ein individuelles Problem sein. Es gibt eine Reihe von vegan lebenden Menschen deren Vitamin B12-Spiegel auch ohne Nahrungsergänzungsmittel ausreichend ist. Der Blutspiegel sollte aber regelmäßig kontrolliert und gegebenenfalls ergänzt werden.

7. Folsäure und Zink für optimale Entwicklung und Stärkung der Immunabwehr!

Der Folsäurebedarf sollte bei einer rein pflanzlichen Kost durch den hohen Anteil an grünem Gemüse, Hülsenfrüchten, Vollkornprodukten und Samen normalerweise gedeckt sein. Die meisten Schwangeren nehmen ohnehin von Beginn der Schwangerschaft an ein entsprechendes Präparat ein. Zink ist nur in geringem Umfang in pflanzlichen Lebensmitteln enthalten. Nennenswerte Mengen liefern hier Hülsenfrüchte, Samen, Getreide und Getreidekeimlinge.

Fazit

Wer sich schon jahrelang fleischlos aber ausgewogen ernährt hat, kann seine Essgewohnheiten auch in der Schwangerschaft beibehalten. Voraussetzung für eine vegane Ernährung in der Schwangerschaft ist ein sehr gutes Ernährungswissen. Im Zweifelsfall ist die Inanspruchnahme einer Beratung bei einer Ernährungsexpertin oder einem Ernährungsexperten sinnvoll. Eine regelmäßige Blutkontrolle zum Wohle des heranwachsenden Kindes ist jedenfalls empfehlenswert.

Autorin: Mag. Barbara Horvat