Handeln statt zögernHämorrhoiden in der Schwangerschaft

Es ist ein Thema, das viele Frauen betrifft, jedoch immer noch mit Tabu und Scham behaftet ist: Hämorrhoiden, die frau sich während oder nach der Schwangerschaft erworben hat.

Was sind Hämorrhoiden überhaupt?

Hämorrhoiden hat tatsächlich jeder Mensch. Es handelt sich rein medizinisch um einen Schwellkörper am unteren Ende des Mastdarmes, der aus Arterien und Venen besteht. Der medizinische Fachausdruck dafür ist „Plexus hämorrhoidalis“. Seine Funktion erklärt sich durch seine Lage: Gemeinsam mit den Schließmuskeln des Afters, über denen er positioniert ist, dichtet er den Darmausgang ab. Zum Problem wird er erst durch verschiedene Faktoren, die im Folgenden näher beschrieben werden.

Man vermutet, dass über die Hälfte aller Menschen in den westlichen Industrieländern mindestens einmal im Leben Probleme mit Hämorrhoiden hat. Obwohl im Weiteren auf weibliche Hämorrhoiden, die in Schwangerschaft und bei der Geburt erworben werden können, eingegangen wird, sind es überwiegend Männer, die daran leiden. Eindeutige Zahlen gibt es nicht, da aus Scham nicht alle Betroffenen sofort einen Arzt konsultieren. Überdies gibt es vier Grade von Hämorrhoiden, die Beschwerden machen können, wobei die ersten beiden durchaus wenig bis gar keine Probleme auslösen und leicht mit Selbstmedikation behandelt werden können.

Die folgende Einteilung gilt für alle Arten von Hämorrhoiden – auch Frauen in und nach der Schwangerschaft erleben die Beschwerden unterschiedlich stark.

Beim ersten Grad liegen die Hämorrhoiden noch innerhalb des Körpers und machen kaum Beschwerden. Von Grad zwei spricht man, wenn während des Stuhlganges das Hämorrhoidengewebe mit nach außen wandert. Es kann zu leichten Blutungen sowie zu Brennen und Juckreiz kommen. Üblicherweise wandert die Hämorrhoide nach dem Stuhlgang wieder zurück – im Gegensatz zu Grad drei, bei dem die Hämorrhoide außen bleibt (Prolaps). Die Beschwerden und eventuellen Blutungen sind hier viel massiver. Dennoch kann das Gewebe noch manuell zurückgedrängt werden oder zieht sich teilweise noch selbst zurück. Dies ist bei Grad vier nicht mehr möglich: Das Hämorrhoidengewebe bleibt dauerhaft außerhalb des Anus und verursacht Schmerzen sowie Blutungen beim Stuhlgang. Da der Blutdurchfluss auch nicht mehr durchgehend gewährleistet ist, fühlt sich das Gewebe wie ein Fremdkörper oder wie eine äußerliche Krampfader an.

Die Ursachen

Die genauen Ursachen für die Entstehung von Hämorrhoiden sind nicht restlos geklärt. Es scheint eine erbliche Veranlagung zu geben. Bekannt ist aber, dass vor allem in der Schwangerschaft der Druck auf den Beckenboden zunimmt und bei der Entstehung von Hämorrhoiden mitspielen kann. Dieser Druck spielt auch eine Rolle beim Pressen beim Stuhlgang: Viele Frauen leiden während der Schwangerschaft an Verdauungsstörungen, vor allem unter Verstopfung. Im Zusammenhang mit starkem Pressen, zu langem Sitzen und zu wenig Bewegung kann dies die Entstehung von Hämorrhoiden begünstigen. Die hormonelle Umstellung tut sein Übriges dazu. Das Gewebe wird weicher, der gesamte Körper stellt sich auf Erweiterung und Vergrößerung um, um Raum für das Ungeborene zu schaffen. Dazu kommt die stetige Gewichtszunahme.

Trotzdem schaffen es viele Frauen, weitgehend ohne Hämorrhoiden durch die Schwangerschaft zu kommen – bis zum Tag der Geburt. Langes, zu frühes und zu starkes Pressen kann dann in letzter Sekunde dazu führen, dass sich der Schwellkörper nach außen stülpt und in der Folge Beschwerden verursacht.

Diagnose

Schon HausärztInnen oder GynäkologInnen können im Arztgespräch Hinweise auf Hämorrhoiden orten. FachärztInnen für diese Erkrankung sind die ProktologInnen. Sie machen eine Tastuntersuchung, bei der die Patientin wie beim Stuhlgang leicht pressen muss. Gesichert wird die Diagnose durch eine Rektoskopie des Enddarmes. Wenn die Patientin über Blutungen berichtet, müssen natürlich andere Ursachen wie Polypen oder Darmkrebsvorstufen abgeklärt werden – das kann unter Umständen eine Koloskopie des gesamten Dickdarmes nötig machen.

Therapie der Hämorrhoiden

Prinzipiell gilt, dass nur therapiert werden sollte, wenn es Beschwerden gibt. Nicht jede Hämorrhoide muss auch unbedingt behandelt werden. Für Grad eins bis teilweise Grad zwei gilt, dass sie sehr leicht mit entsprechenden Salben, Cremes und Zäpfchen – mit unterschiedlichen Wirkstoffen – behandelt werden können. Hier steht die leichte Schmerzlinderung, aber auch die Pflege im Vordergrund: Ein geschmeidiges Gewebe reißt weniger leicht ein als ein trockenes, ungecremtes. Macht Grad zwei Probleme, die subjektiv die Lebensqualität beeinträchtigen, so kann man an eine Verödung oder eine Abbindung denken. Eine richtige Operation, die auch Risiken und Nebenwirkungen mit sich bringt, sollte immer die letzte Option sein – wichtig ist dann die genaue Abklärung und Differentialdiagnose zu Analfissuren und ähnlichen Beschwerden: Hier kann sich die Operation als nutzlos erweisen. Besonders zu berücksichtigen ist das Risiko einer postoperativen Schließmuskelschwäche bei Frauen, die schon einige Geburten hinter sich haben. In solchen Fällen kann eine Operation der Hämorrhoiden von einer Inkontinenz gefolgt sein, weil der Beckenboden bereits vorgeschädigt war.

Abführmittel sind jedenfalls keine Therapieoption, sie können bei missbräuchlicher Anwendung das Problem sogar verstärken. Jede lang- und kurzfristige Behandlung, vor allem jene mit kortisonhaltigen Wirkstoffen, sollte immer unter ärztlicher Aufsicht durchgeführt werden.

Vorbeugung

Viel effektiver erscheint die Vorbeugung von Hämorrhoidalleiden. Für alle Betroffenen, für Schwangere aber im Besonderen, gilt, dass der Stuhl möglichst weich, aber noch geformt gehalten werden sollte. Dies wird am leichtesten durch eine ballaststoffreiche Ernährung mit viel Obst und Gemüse erreicht. Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr mit viel Wasser, ungesüßten Fruchtsäften oder Kräutertees ist genauso zu empfehlen wie ausreichend Bewegung und Sport. Da echter Sport vor allem im letzten Trimenon der Schwangerschaft schwer ausgeführt werden kann, reicht es auch, wenn ausgedehnte Spaziergänge unternommen werden. Pressen ist ein doppelt wichtiges Thema: Verspürt man Stuhldrang, sollte man die Toilette gleich aufsuchen, um ein weiteres Eindicken und Verhärten des Stuhles zu verhindern. Dann aber sollte übermäßiges Pressen vermieden werden. Bei der Geburt sollte frau erst pressen, wenn sie wirklich den Drang dazu verspürt. Was logisch klingt, läuft oft diametral den Anweisungen des Klinikpersonals entgegen – frau sollte nicht vorzeitig zu pressen beginnen.

Fazit

Bei Blutungen sollte ab dem 45. Lebensjahr neben den Hämorrhoiden als offensichtlicher Blutungsquelle auch nach anderen, eventuell okkulten Veränderungen gesucht werden, vorzugsweise mittels Spiegelung des Dickdarms im schmerzlosen Tiefschlaf (sanfte Koloskopie).

Differentialdiagnosen wie ­perianale Thrombose (passagere schmerzhafte Schwellung neben der Analöffnung), Fissur (entzündeter, schmerzhafter Einriss), Abszess (äußerst schmerzhafte Schwellung), Fistel (nässender Gang vom Enddarm zur Haut) müssen abgeklärt werden.

Es ist verständlich, dass Laien jedes ­Symptom aus dieser Körperregion zunächst als „Hämorrhoiden“ interpretieren. Ein klassisches Beispiel ist der Juckreiz (­Pruritus), der nur selten durch Hämorrhoiden hervorgerufen wird, sondern oft durch die übermäßige Reinigung mit manchen Feuchttüchern. Natürlich greift hier keine klassische Behandlungsmethode, geschweige denn eine Operation.

Also: Scham überwinden und genau abklären lassen, schließlich geht es um ein Stück Lebensqualität!

Autorin: Mag. pharm. Dr. Irene Promussas