Papa allein zu HauseVertauschte Rollen oder einfach nur die Emanzipation der Paparolle

Ein ganzes Jahr zuhause? Wär das etwas für dich? Mein Mann hat es gewagt und sich bewusst dafür entschieden. Was er dazu sagt, folgt in den nächsten Zeilen.

Du hast dich dazu entschieden, einige Monate mit deinen Jungs zuhause zu sein. Was waren deine Beweggründe diesen Schritt zu tun?
Bei mir war es ganz klar eine Kombination aus Beruf und Privatleben, die zur Entscheidung einer längeren Karenz geführt hat. Mein Hauptgedanke war jedoch, dass vor mir noch etwa 30 Jahre Arbeitsleben liegen. Ich wollte keiner dieser Väter werden, die zum 20. Geburtstag ihrer Kinder bereuen, deren Kindheit verpasst zu haben.

Können Männer genauso gut wie ihre Frauen Haushalt und Kinder „schupfen“?
Ja, klar. Es gibt hier ja diverse Ausreden von Männern, die ihren Aufgaben im Haushalt „entgegenstehen“. Wobei ich hier sagen möchte, dass sich die Verteilung der Aufgaben im Haushalt bitte jedes Paar selbst definieren soll. Das „Können“ bringt wohl jeder mit entsprechender Motivation mit.

Mein klares „Ja“ gilt aber auch meiner Ansicht, dass Männer ihre Kinder genauso gut „schupfen“ können wie Frauen. Vielleicht sieht der Alltag der Kinder mit Papa zuhause ein wenig anders aus. Aber dagegen spricht ja nichts. Nach einer bestimmten Zeit war es für die Jungs einfach selbstverständlich, sich mit ihren Themen an mich zu wenden.

Meine Frau und ich haben auch beschlossen, dass ich die Eingewöhnung im Kindergarten übernehme. Diese Erfahrung war im Nachhinein für mich extrem wichtig. Ich hatte aus meiner Kindheit ein sehr negatives Bild vom Kindergarten in meinem Kopf. Umso schwerer fiel es mir, Vertrauen zu den Pädagogen aufzubauen und meine Kinder aus meiner Obhut in die Aufsicht von „Fremden“ zu übergeben. Es war somit ein unglaublich wichtiger Prozess für meine Söhne und mich gemeinsam.

Mir war es aber auch wichtig, unsere Söhne in sonstige Arbeiten einzubinden. Wir haben gemeinsam den Rasen gemäht, neue Kästen aufgebaut oder Paprika eingepflanzt. Natürlich brauchten wir für unsere Aufgaben mindestens doppelt so lange, als wenn ich sie alleine erledigt hätte. Darum ging es mir aber nicht. Und die notwendige Zeit dafür stand mir auf Grund meiner Karenz glücklicherweise zur Verfügung.

Wie sieht es mit deinem Multitasking aus? Muss es im Familienalltag sein?
Ich bin absolut kein Typ für Multitasking. Schon das Telefonieren neben dem Einräumen des Geschirrspülers ist nicht meine Sache. Ich versuche immer ein Thema nach dem anderen zu erledigen, dafür aber knackig und zackig.

Meine Jungs und ich mussten natürlich unseren Weg finden. Das Aufhängen der Wäsche wurde von mir unterbrochen, um mit einem der beiden ein besonderes Spielzeug zu suchen oder ob des großen Hungers ungefähr 15 Minuten nach dem Frühstück doch noch ein Honigbrot zu streichen. Es war aber bei uns auch klar, dass erst einige Themen im Haushalt erledigt werden mussten, bevor wir unsere Ausflüge starteten. Die Ordnung im Haushalt hat sich mit der Zeit aus einem gewissen Eigenschutz heraus entwickelt. Ich erkannte einfach, dass ich völlig ins „Trudeln“ kam, wenn Wohnung und Haushalt ein gewisses Maß an Chaos überschritten.

Rückblickend – wie sieht es heute rückwirkend und zukunftsträchtig mit deiner Wertschätzung gegenüber dem JOB „PAPA zuhause“ aus?
Ich kann nur jedem engagierten Papa empfehlen seine Karenz zu nutzen. Es hebt die Beziehung zu den Kindern auf ein neues Level. Ich freue mich über jeden Papa, den ich wochentags mit Kinderwagen oder Tragehilfe auf der Straße, am Spielplatz oder im Supermarkt sehe. Papas in Karenz sind eine Bereicherung für unsere Gesellschaft. Es wird endlich Zeit, Respekt vor den unterschiedlichen Rollen in unserer Gesellschaft zu haben.

Hattest du noch Zeit für Freunde und -Hobbies?
Die Zeit für Freunde und Hobbies kam doch etwas zu kurz. Das lag wohl auch daran, dass ich nach langen Tagen mit tollem Programm richtig müde ins Bett gefallen bin. An meiner Fitness habe ich immer wieder gemeinsam mit den Jungs im Garten gearbeitet. Sie fanden das auch richtig toll und machten Liegestütze mit oder setzten sich auf meinen Rücken, um mein Training ein bisschen zu intensivieren.

Hast du einen Papabonus beim Einkaufen, am Spielplatz, im Bad, …?
Den Papabonus gibt es auf jeden Fall. Die Menschen rundherum scheinen irgendwie mit einem Vater plus Kindern mehr Geduld zu haben. Wir merkten das unter anderem an der Supermarkt-Kassa oder beim Bäcker. Der Spielplatz ist sowieso ein ganz spezielles Thema. Als Vater mit Kindern war es für mich nicht einfach, mit den anwesenden Müttern in Kontakt zu treten. Es ist mir noch immer nicht ganz klar, welche Ressentiments hier vorherrschen, aber diese Grüppchenbildung der Mütter ist recht anstrengend.

Wie waren deine ersten Wochen – Chaos pur?
Ich wurde nicht ins kalte Wasser geworfen. Ich hatte natürlich auch schon davor Wochenenden, an denen ich Kinder und Haushalt ganz alleine schupfte. Es gab also kein großes Chaos. Die Jungs und ich mussten nur einen Weg finden, mehr als zwei Tage gemeinsam zu verbringen. Die Tatsache, dass beide Jungs zum Start meiner Karenz nicht mehr gestillt wurden, erleichterte mir aus meiner Sicht die Situation.

Bin ich mutig genug für die Mamarolle?
Ich hatte davor die vielen Themen, die rund um die Kinder auftauchen, in ihrer Intensität nicht erkannt. Die Mamarolle, wenn man sie so nennen möchte, ist an manchen Tagen verdammt anstrengend. In einem externen Job ist es einfacher, einen Moment Ruhe zu haben oder durchzuschnaufen. Interessanterweise habe ich mich mit anderen Mamis sehr gerne zu den aktuellen Themen von mir und den Kindern ausgetauscht. Eine sehr amüsante Entwicklung aus heutiger Sicht.

Um konkret auf die Frage zu antworten, ob ich mutig genug bin, um Windeln zu wechseln, Kotze aufzuwischen oder für meine Kinder zu kochen: Ja, bin ich. Es macht vielleicht nicht den größten Spaß, eine volle Windel zu wechseln, mich hat es als Mann jedoch in keiner Weise degradiert. Es war schließlich auch meine bewusste Entscheidung, Vater zu werden.

Was nimmst du dir von diesen Monaten mit?
Ich konnte eine fantastische und intensive Beziehung zu meinen Söhnen aufbauen. Ich werde vermutlich nie wieder so viel Zeit mit meinen Kindern verbringen können.

Ich bin froh meinen Kritikern hier sagen zu können, dass ich etwas für MEIN Leben getan habe. Vielleicht wissen es unsere Kinder irgendwann zu schätzen. Wenn nicht, dann ist das aber auch komplett in Ordnung für mich.

Hat sich die Beziehung zu deinen Jungs verändert?
Die Beziehung zu meinen Jungs hat sich ganz einfach intensiviert. Ich kenne die Beiden durch unsere gemeinsame Zeit viel besser. Weiß ihre Ecken und Kanten besser zu deuten und sie wissen nun viel besser, wie ihr Papa so tickt.

Wie hat sich deine Beziehung zu deinen Kindern geändert?
Vor meiner Karenz war ich durch meinen Job natürlich ordentlich eingespannt. Zur Standard-Wochenarbeitszeit kamen immer wieder Reisen und Veranstaltungen, die auch Abende bzw. Übernachtungen auswärts benötigten. Durch diese Abwesenheit hatte ich natürlich oft das Gefühl, vieles verpasst zu haben und aufholen zu müssen.

Ich konnte durch meine Zeit bei den Kindern ihre Entwicklungen viel besser miterleben. Sei es ein neues Wort oder der funktionierende Purzelbaum. Ganz klar gab es aber durch die viele Zeit auch die Möglichkeit zum gemeinsam langweilen. Das permanente Gefühl in Rückenlage zu sein ging verloren.

Ganz spannend war natürlich die Entwicklung beim Anziehen. Als arbeitstätiger Papa wusste natürlich meine Frau immer genau, welche Jacke, Hose, Leibchen oder Unterhose im Beliebtheitsranking ganz vorne dabei war. Schließlich kann das Dinosaurier-Shirt von einem Tag auf den Anderen schon mal vom Lieblingsteil zum absoluten No-Go werden. Ich traf hier vor meiner Karenz schon mal die „falsche“ Wahl. Nach einer gewissen Zeit bei den Kindern, ist die Kleiderwahl super einfach. Meine Frau staunte natürlich nicht schlecht, als ich ihr das erste Mal in unserer Garderobe sagte, welche Jacke die Jungs heute tragen.

Autorin: Mag. (FH) Petra Etzelstorfer