Viele Mütter wissen nicht, ab wann und wie intensiv sie sich nach der Geburt ihres Kindes wieder sportlich belasten dürfen. Diese Unsicherheit führt oft zur Vermeidung von Sport oder zu einem Wechsel zu „einfacheren“ Sportarten. Wer jedoch vor der Schwangerschaft begeistert Kraft- und Ausdauertraining betrieben hat, der sollte danach nicht darauf verzichten müssen.
In der Welt des Sports hat sich in diesem Zusammenhang in den letzten Jahren „CrossFit“ einen Namen gemacht, weil dabei Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit, Koordination und Beweglichkeit trainiert werden. Da also alle Aspekte der körperlichen Leistungsfähigkeit in einem intensiven Rahmen miteinbezogen werden, gilt CrossFit oft als vermeintlich gefährlich. Dies stimmt natürlich nicht, solange die körperlichen Grundvoraussetzungen nach der Geburt wiedergegeben sind. Aber wie schafft man das als Jungmama?
Grundvoraussetzungen
Eine Schwangerschaft stellt den weiblichen Körper in vielerlei Hinsicht auf die Probe. Während des Heranwachsens des Babys wird die Bauchmuskulatur durch die Raumforderung gedehnt und der Beckenboden durch das zusätzliche Gewicht überproportional belastet. Diese beiden Muskelgruppen bilden jedoch gemeinsam mit den kleinen wirbelsäulenstabilisierenden Muskeln und dem Zwerchfell eine funktionelle Einheit (Core), die für die Stabilität unserer Körpermitte verantwortlich ist. Genau diese Stabilität benötigen wir, bevor wir daran denken, komplexe Bewegungsabläufe in ein Training einzubauen.
Deswegen ist es von enormer Wichtigkeit erst nach der Geburt und der Freigabe des/r Arztes/Ärztin mit Rückbildung zu starten und beispielsweise nicht gleich wieder eine schwer beladene Langhantel zu bewegen. Rückbildung schützt vor Beckenbodenschwäche, Rectus Diastase (Bauchspalt), Senkungsbeschwerden und auch Rücken- sowie Beckenschmerzen.
Als Physiotherapeutinnen der Running-Clinic steht für uns von Anfang an „der Core“ im Mittelpunkt und in den Gruppenkursen kann auf individuelle Schwächen eingegangen werden. Probleme wie Rückenschmerzen oder Schwierigkeiten bei der Koordination einer vertieften Bauchatmung können auf eine noch bestehende -Beckenbodenschwäche hindeuten. Im Idealfall ist die Rectus Diastase nach der Rückbildung aber wieder geschlossen, die Bauchmuskulatur und der Beckenboden können schmerzfrei unter statischer bzw. dynamischer Belastung aktiviert werden. Diese Kriterien müssen beim (Wieder-)Einstieg unbedingt beachtet werden. Es stellt sich jedoch die Frage, wie man danach wieder zurück zum Sport zurückfindet beziehungsweise wie man mit CrossFit startet.
Was genau ist CrossFit?
Es handelt sich dabei um ein umfassendes Trainingskonzept mit dem Ziel, alle körperlichen Herausforderungen, egal ob im Alltag, im Beruf oder in der Freizeit, erfolgreich zu meistern. Um dieses Ziel zu erreichen, werden im Rahmen des CrossFit-Trainings ausschließlich funktionelle, also am Alltag orientierte Bewegungen eingesetzt. Wichtig zu betonen ist dabei, dass diese Bewegungen variiert und mitunter bei hoher Intensität durchgeführt werden.
Gerade zu Beginn sollte die Intensität aber nur eine untergeordnete Rolle spielen. Gemäß dem CrossFit Leitfaden „Mechanics, Consistency, Intensity“ geht es zuerst einmal darum, die korrekte Ausführung der Grundtechniken zu erlernen und diese in weiterer Folge durch oftmaliges Üben zu festigen. Erst wenn die Bewegung verlässlich unter Einhaltung einer entsprechenden Technik wiederholt werden kann, wird auch die Intensität erhöht.
Obwohl das Spektrum unter anderem von „einfachen“ Kniebeugen über Turnübungen (Gymnastics) bis hin zum Seilspringen und Gewichtheben reicht, kann und muss jede Belastung an das jeweilige Leistungsniveau angepasst werden. Aus medizinischer Sicht sollte nach einer vaginalen Entbindung frühestens nach drei Monaten, nach einem Kaiserschnitt nach vier Monaten damit begonnen werden, wobei komplexere Anforderungen tendenziell mehr Zeit benötigen. Vor allem für stillende Jungmamas gilt es noch zu bedenken, dass die in der Stillzeit ausgeschütteten Hormone die passiven Strukturen unserer Gelenke, wie Bänder, instabiler werden lassen und somit auch ein erhöhtes Verletzungsrisiko besteht. Ratsam ist, mit Geduld an die sportlichen Herausforderungen heranzugehen und die Belastung bei regelmäßigem Training langsam zu steigern.
Eine Besonderheit von CrossFit ist aber sicher auch der Gemeinschaftsgedanke. Da sich sportliche Ziele in einer Gemeinschaft von Gleichgesinnten wesentlich einfacher erreichen lassen, wird immer in der Gruppe trainiert. Dies sorgt für zusätzliche Motivation und kann zum Alltag mit einem oder mehreren Kindern eine willkommene Abwechslung bieten. Wer aber auch beim Sport nicht auf seine Kleinen verzichten will: Für Kinder ab sechs Jahren gibt es in Wien z.B. im „Crossfit District two“ eigene KIDS-Stunden.
Sollten noch Unsicherheiten bestehen oder ungeklärte Fragen aufgetaucht sein, können diese bei einem Physio-Check beantwortet werden.
Autorin: Katharina Gawlik