Dein Tragling und duWelche Vorteile das Tragen bietet und worauf man achten sollte

„Körperkontakt, aber auch Bewegtwerden, beides oft miteinander verbunden, sind intensive Sinneswahrnehmungen, die einem Säugling die Gegenwart der Eltern signalisieren, ihm zeigen, dass er nicht allein und verlassen ist.“(Kirkilionis, Evelin (1999). Ein Baby will getragen sein (S. 19). München: Kösel.)

Die Spezies der „Säuger“ lässt sich unter anderem nach der Pflege ihrer Neugeborenen einteilen. Und wozu gehören unsere Menschenkinder?

Zu den Nesthockern?
Das sind immer Mehrlinge, blind, unähnlich den Erwachsenen, bleiben zusammen im Nest, auch beim Weggang der Mutter. Dazu gehören z.B. Mäuse und Kaninchen.

Zu den Nestflüchtern?
Das sind meist Einzelkinder, ein kleines Abbild der Erwachsenen, sie folgen der Mutter schon kurze Zeit nach der Geburt überall hin.
Dazu gehören z.B. Huftiere wie Rinder und Pferde.

Zu den Traglingen?
Sie werden von der Mutter die erste Zeit ihres Lebens immer am Körper getragen. Dazu gehören Kängurus, Koalabären und Menschenaffen.

Zu den Ableglingen?
diese wären wohl nach dem Wunsch unserer Gesellschaft, bisher wurde aber noch keine Spezies dazu gefunden.

Wir Menschen gehören bei dieser Einteilung natürlich zu den Traglingen und zwar zu denen mit einer sehr langen Pflegezeit. Das Mitnehmen und das Tragen des Säuglings war die längste Zeit unserer Geschichte eine Notwendigkeit, die das Überleben sicherte. Viele traditionelle Naturvölker und auch unsere nächsten Verwandten, die Primaten, tragen ihre Kinder bis weit in das Kleinkindalter hinein.

Auch unsere Kinder wissen das, denn sie sind mit angeborenen Reflexen zum Tragen ausgestattet.

Nimmt man ein Neugeborenes auf, so zieht es automatisch die Beinchen an und geht in die so genannte Anhock-Spreiz-Haltung. Das bedeutet, die Knie sind circa bis auf Bauchnabelhöhe angezogen und die Beine sind leicht abgespreizt. Diese Stellung ist für das aufrechte Tragen erforderlich und lässt gleichzeitig das Hüftgelenk der Kinder in optimaler Stellung ausreifen. Die angeborenen O-Beine erleichtern das Anschmiegen an die tragende Person. Mit dem Greifreflex halten sich Neugeborene zusätzlich fest.

„Unkundige“ warnen manchmal vor einem vermeintlich schädlichen Einfluss des Tragens auf die physiologische Entwicklung des Kindes. Ein derartiger Zusammenhang konnte jedoch wissenschaftlich nicht belegt werden. Vielmehr wurde der positive Einfluss einer korrekten Anhock-Spreiz-Haltung auf die Hüftentwicklung nachgewiesen.

Schon in meiner Ausbildung zur Kinderkrankenschwester, Stillberaterin IBCLC und Kursleiterin für Babymassage bin ich auf das Thema Tragen aufmerksam geworden und habe viel darüber gelernt. Als Mama habe ich die wunderbare Möglichkeit alles selbst auszuprobieren. Hier die Vorteile und die kritischen Punkte des Tragens im Überblick:

Die positiven Aspekte des Tragens

  • Dein Baby ist umhüllt und fühlt sich deshalb geborgen. Es ist ruhiger und schreit weniger.
  • Dein Baby riecht deinen gewohnten Geruch.
  • Dein Baby fühlt deine Körperwärme und hört deine Stimme, deinen Herzschlag und deine Atmung.
  • Dein Baby ist auf gleicher Höhe mit dir und kann daher die Welt aus einer gleichberechtigten Position entdecken.
  • Das Gleichgewichtsorgan deines Babys wird durch die Schaukelbewegung geschult.
  • Die Verdauung deines Babys wird angeregt (Bauchmassage), es hat weniger Bauchprobleme und kann den Stuhlgang besser absetzen.
  • Die Hüftentwicklung deines Babys wird unterstützt, dies entspricht dem Breitwickeln bei Hüftdysplasie (Anhock-Spreiz-Haltung).
  • Die Eltern-Kind-Bindung ist durch den engen Kontakt intensiver.
  • Du erkennst die Bedürfnisse deines Babys schneller und kannst besser auf diese eingehen.
  • Deine Hände sind frei.
  • Du bist flexibler und nicht ortsgebunden (Kinderwagen, Treppen, öffentliche Verkehrsmittel).

Die kritischen Punkte des Tragens

  • Trage dein Kind nie mit seinem Rücken zu deinem Bauch. Dein Baby kann sich so weder bei dir rückversichern, noch wird es vor übermäßigen Reizen geschützt. Außerdem sind so die Hüftgelenke deines Babys unphysiologisch gestreckt, ein Hohlkreuz wird erzwungen und es findet nicht ausreichend Halt!
  • Das Gewicht des Kindes kann den Körper des Trägers belasten. Fange daher am besten schon an dein Neugeborenes zu tragen, dann wächst deine Muskulatur mit der steigenden Gewichtsbelastung mit.
  • Bei Tragegestellen (Wanderrucksäche/Bucklkraxn) ist die Gefahr des Auskühlens groß, die Beine können abgeknickt und in unphysiologischer Haltung sein. Sie sind daher frühestens für Kinder die alleine sitzen können geeignet.
  • Einige Mütter tragen ihre Kinder mehr als sie eigentlich möchten und empfinden die Nähe zum Baby dann als einengend. Wie viele Phasen der Ruhe und des Abstands du benötigst, findest du selbst am besten heraus wenn du auf dein Gefühl hörst. Das Tragen kann auch die Beziehung zum Papa oder anderen wichtigen Bezugspersonen stärken.
  • Tragehilfen sind als zusätzliche Kleidung zu betrachten – ziehe deinem Kind nicht zu viel an – Gefahr der Überhitzung!
  • Achte bei der Wahl deiner Tragehilfe oder deines Tragetuches auf Qualität! So kannst du schädliche Belastungen durch minderwertiges Material (z. B. Farbstoffe, etc.) vermeiden. Je nach Herstellerangaben empfiehlt es sich das Tragetuch/die Tragehilfe vor dem ersten Gebrauch zu waschen.

Es gibt zahlreiche Tragetücher, Fertigtragehilfen und Tragegestelle, die verschiedenste Tragemöglichkeiten bieten. Welche Tragehilfe die richtige für dich ist, wirst du merken, wenn du sie mit deinem Baby ausprobierst. Es empfiehlt sich das Binden des Tragetuches oder das Anlegen einer Tragehilfe unter geschulter Beratung zu erlernen. Nur ein gut gebundenes Tuch oder eine gut angelegte Tragehilfe stützt dein Baby optimal und verhindert Verspannungen bei dir als Trägerin. Daher biete ich im Rahmen meines wöchentlichen Babysalon gemeinsam mit einer Trageberaterin regelmäßig Workshops zum Thema Tragen an. Hier bekommen Eltern die Möglichkeit die verschiedensten Tragehilfen unter Anleitung auszuprobieren. Auch der Austausch mit anderen tragenden Eltern ist hilfreich und kommt hierbei nicht zu kurz. Ich würde mich sehr freuen dich und dein Baby bald im Babysalon begrüßen und beraten zu dürfen!