Der BauchgurtFreund und Helfer der Rückbildung nach der Geburt?

Sinn oder Unsinn? Immer wieder kommt die Frage von frischgebackenen Müttern auf, ob es hilft, einen Bauchgurt bzw. eine Bauchbinde zu tragen, um den anfangs unschön hängenden Bauch nach der Geburt zu verkleinern. Kann es also funktionieren, den „Schwangerschaftsbauch“ durch das Tragen eines Bauchgurtes los zu werden und die Rückbildung damit zu unterstützen? Über Dr. Google findet man viele verschiedene Ansichten und Meinungen. Die medizinischen Fakten kannst du aber hier nachlesen.

„Es wäre zu schön, um wahr zu sein, wenn es so einfach gehen würde!“, sagt Franziska Severino-Schönburg, Physiotherapeutin und selbst Mama von zwei kleinen Kindern. Ihre Fachmeinung zu dem Thema ist ganz klar: NEIN, es macht absolut keinen Sinn, eine enge Korsage anzuziehen – es ist auf Dauer sogar kontraproduktiv und verhindert die Rückbildung!

Es gibt unterschiedliche Rückbildungsphasen und jede Phase benötigt andere Einflüsse, um die Rückbildung und die Regeneration nach der Geburt zu unterstützen. In den ersten zwei bis drei Wochen nach der Geburt geht es hauptsächlich um die Rückbildung der Gebärmutter und um die Entlastung des Beckenbodens. Dies gilt sowohl für Frauen nach vaginaler Geburt als auch für Frauen nach Kaiserschnittgeburten. In dieser Zeit des frühen Wochenbettes zieht sich die Gebärmutter in der Regel von ganz alleine zurück. Es wird jedoch empfohlen, sich mehrmals am Tag für einige Minuten mit dem Bauch auf einem Polster zu legen, da der Druck von außen die Rückbildung der Gebärmutter unterstützt und das Zusammenziehen sowie den Wochenfluss fördert. Frauen, die einen Kaiserschnitt hatten, sollten sich mit dem Bauch auf einen am Tisch liegenden Polster legen, da die reine Bauchlage für die meisten erstmal zu schmerzhaft ist. Wäre es also sinnvoll, in dieser Phase einen Gurt zu tragen? Theoretisch schon, wenn es in dieser Phase nur um die Gebärmutter gehen würde. Was aber in der Realität passiert, ist, dass die Bandage den Bauch einschnürt und abdrückt. Dabei entsteht ein größerer Druck auf den Beckenboden, der für diese Belastung noch nicht bereit ist. Legt sich eine frischgebackene Mutter also auf den Bauch, bekommt sie alles, was der Körper in dieser Phase benötigt: Druck auf die Gebärmutter UND Entlastung des Beckenbodens, da das Gewicht der Organe nicht mehr auf ihm lastet.

Kann eine passive Stütze des Bauches zu einem späteren Zeitpunkt die Rückbildung unterstützen und dem nach der Schwangerschaft unschön hängenden Bauch wieder die alte Form zurückbringen? Auch hier ist die Antwort ganz klar: „NEIN, eine passive Stütze des Bauches gibt nur scheinbar Stabilität und wirkt sich auch in dieser Phase negativ auf die Rückbildung aus!“ Warum ist das so? In der Schwangerschaft wird dem wachsenden Baby im Bauchraum Platz geschaffen: Das Zwerchfell wird nach oben gedrückt, die Bauchmuskulatur wird stark gedehnt, die Lendenwirbelsäule wird ins Holzkreuz gezogen, womit die Rückenmuskulatur im Laufe der Zeit geschwächt wird, und der Beckenboden wird nach unten gedrückt. Diese vier Muskelgruppen, die die Rumpfkapsel bilden, müssen jedoch gut miteinander arbeiten, um steigendem Bauchdruck durch Husten, Niesen, Lachen, Heben und Springen standzuhalten. Eine passive Stütze macht die Bauchmuskulatur und die Rückenmuskulatur darunter nur noch zusätzlich schwächer, weil sie dadurch nur mehr wenig Haltearbeit leisten müssen. Dadurch wird der steigende Bauchdruck bei Belastung nicht mehr im Zentrum abgefangen und direkt an den Beckenboden weitergeleitet.

Funktioniert das Rumpfkapselsystem nicht mehr, so kann das zu Rückenschmerzen, Beckenbodenschwäche, Inkontinenz und sogar Organsenkungen führen. Für eine stabile Rumpfkapsel und deine weibliche Gesundheit ist es also immens wichtig, die Zusammenarbeit dieser vier Muskelgruppen in ihrer Aktivität zu fördern und die Muskulatur gezielt zu kräftigen. Das – und nur das – fördert die Rückbildung nach der Geburt.

Das Rumpfkapselsystem bei Belastung und steigendem Bauchdruck

Stabile Rumpfkapsel

Der Druck beim Husten, Niesen, Lachen, Heben und Springen wird im Zentrum des Bauchraumes abgefangen, da Zwerchfell, Bauchmuskulatur, Rückenmuskulatur sowie Beckenboden im Lot sind und zusammenarbeiten. Die Blase kann dem plötzlichen Druck standhalten und bleibt dicht.

Instabile Rumpfwand nach der ­Schwangerschaft

Der Druck wird direkt in den Beckenboden weitergeleitet und trifft die Blase wie einen Hammerschlag. Das kann zu Inkontinenz und Organsenkungen führen.

Instabile Rumpfwand mit passiver Stütze einer Bauchbinde

Der Rumpf wird passiv stabilisiert und gibt nur scheinbar Halt. Der Druck wird ebenso direkt in den Beckenboden weitergeleitet. Hinzu kommt, dass Bauch- und Rückenmuskulatur aufgrund ihrer Inaktivität schwächer werden und das Risiko einer Inkontinenz und Organsenkung steigert.

Möchtest du wieder einen schönen Bauch nach der Geburt, deinen Beckenboden auf gesunde Art und Weise wieder ins Lot bringen, Rückenschmerzen vermeiden und deine stabile Mitte zurückgewinnen? Möchtest du deine Rückbildung fördern und dich vor Beckenboden- und Bauchmuskelschwäche sowie Organsenkungen schützen? Wichtig ist, dass bei Beschwerden nach der Geburt medizinisch ausgebildete Fachpersonen konsultiert werden sollten, die eine sorgfältige Untersuchung deines Bewegungsapparates durchführen. Wende dich an deinen Gynäkologen und eine Physiotherapeutin mit Spezialisierung auf Gynäkologie. Wird an einer Beschwerde nicht fachgerecht gearbeitet, so kann sich die Problematik nämlich sogar verschlechtern. Gerne stehen dir die spezialisierten PhysiotherapeutInnen der Running Clinic in ihren Ordinationen mit Rat und Tat zur Verfügung.Alle Physiotherapeutinnen findest du hier: runningclinic.at/about/physiotherapeutinnen/

Ebenso kannst du auch zum medizinischen Outdoor-Gruppentraining für Schwangere und Mütter kommen, das speziell auf die Bedürfnisse des Körpers in der Schwangerschaft und nach der Geburt abgestimmt ist.

Alle Kurse werden nur von spezialisierten PhysiotherapeutInnen gehalten und das geburtsvorbereitende sowie rückbildende Training an die individuelle Belastbarkeit angepasst. An der frischen Luft kannst du dich das ganze Jahr mit Gleichgesinnten fit und beschwerdefrei halten. So steht deiner weiblichen Gesundheit nichts mehr im Wege. Informationen zu den Kursen findest du unter www.runningclinic.at/kurse und auf der Facebook Page *Running Clinic*. Du bist auch in der Facebook Austauschgruppe *Running Clinic Q&A – Deine Mamacommunity in Wien* herzlich willkommen.

Franziska Severino-Schönburg ist Physiotherapeutin, leidenschaftliche Läuferin und selbst zweifache Bubenmami. Sie betreut in ihrer Ordination seit über zehn Jahren Frauen sowohl während der Schwangerschaft als auch nach der Geburt. Dabei bietet sie manuelle Therapie, Faszientherapie, Cranio Sakrale Osteopathie und Kinesiotaping bei Beschwerden am Bewegungsapparat sowie geburtsvorbereitendes Training und Rückbildung nach der Geburt an. 2015 gründete sie in der Karenz mit ihrem Sohn gemeinsam mit ihrer Kollegin Franziska Malle die Running Clinic – Outdoor Workout für Schwangere und Mütter mit Physiotherapeutinnen.

Autorin: Franziska Severino-Schönburg