Der BeckenbodenAlleskönner und treuer Begleiter durch dick und dünn

Viele sprechen darüber, jeder hat ihn, aber nicht jeder nutzt ihn richtig – den BECKENBODEN.

Was kann ich mir von meinem Beckenboden erwarten und wann muss ich ihn trainieren? Wie setze ich ihn richtig ein und vor allem wann?

Die Physiotherapeutinnen der Running Clinic wollen dir einen Einblick in die Aufgaben der Beckenbodenmuskulatur geben und erklären, warum funktionelles Training sowohl in der Schwangerschaft als auch in der Rückbildung so wichtig ist und welche Rolle der Beckenboden dabei spielt.

Allroundtalent Beckenboden – was kann er und wie sieht er aus?

Seit der Mensch aufrecht geht, trägt der Beckenboden die Hauptlast unserer Organe. Er passt sich jeder körperlichen Veränderung an. Auch in der Schwangerschaft muss er trotz der acht bis zehn Kilogramm schweren Gebärmutter seine Funktionen aufrechterhalten. Ein wichtiger Hinweis für alle Kaiserschnitt-Mamas: JA, auch euer Beckenboden musste einiges leisten und hat sich sein Rückbildungstraining und seine Kräftigung verdient. Besonders bei ungeplanten Kaiserschnitten wird der Beckenboden während der Wehentätigkeit bereits deutlich abgesenkt und dadurch meist über einen langen Zeitraum stark belastet.

Außerdem unterstützt der Beckenboden bei sexuellen Aktivitäten, stabilisiert den Rumpf sowie den Beckengürtel und trägt in Kombination mit der Bauchpresse maßgeblich zur Ausscheidung bei. Entsteht im Bauchraum Druck, wird der Beckenboden gedehnt und senkt sich nach unten ab. Dies passiert beim Husten, Niesen, Lachen und Heben von schweren Lasten. Ist der Beckenboden geschwächt, kann es zu einer Überforderung der Schließmuskulatur kommen und wir verlieren Harn oder sogar Stuhl.

Um die entsprechende Muskulatur kräftigen zu können, hilft es, zu wissen, wie sie verläuft. Es handelt sich dabei um drei aufeinanderliegende Muskelschichten: Die innerste Schicht verläuft längs und verbindet Schambein und Steißbein. Die mittlere Schicht verbindet die beiden Sitzbeinhöcker und verläuft demnach quer. Die äußerste Schicht bildet eine Achterschleife. Diese kann vorne die Harnröhren- und die Vaginalöffnung und im hinteren Anteil den After verschließen. Die Wahrnehmung der Verläufe dieser Schichten ist ein großer und für viele schwieriger Teil in der Beckenbodentherapie. Das Erspüren der einzelnen Schichten lohnt sich sowohl in der Schwangerschaft als auch in der Rückbildung. Ich muss erst wissen, WAS ich anspanne, um die gewünschte Muskulatur trainieren zu können.

Die Muskulatur besteht zu 70-95% aus „Slow-Twitch“-Fasern. Das bedeutet, dass ihre Zusammensetzung so gewählt ist, dass sie ausdauernd gegen die Schwerkraft arbeiten können und nicht müde werden. Ein geringer Anteil der Muskulatur verfügt aber auch über „Fast-Twitch“-Fasern. Diese kommen vor allem zum Einsatz, wenn plötzlich Druck auf den Beckenboden kommt und sie verhindern wollen, dass beispielsweise ein Tröpfchen abgeht. In der Therapie wird auch auf diese beiden wichtigen Eigenschaften eingegangen und sie werden trainiert.

Lage und sogenannte Mitspieler

Wie der Name schon verrät liegt der Beckenboden am Boden unseres (knöchernen) Beckens. Begrenzt vom Schambein, dem Steißbein und den beiden Sitzbeinhöckern, schließt er das Becken nach unten ab. Er ist Teil der Bauch-Becken-Höhle. Diese wird vom Zwerchfell, der Wirbelsäule, dem knöchernen Becken und der Beckenbodenmuskulatur gebildet. Durch diese anatomische Gegebenheit ergeben sich vier wichtige „Mitspieler“ für den Beckenboden:

  • Zwerchfell
  • Bauchmuskulatur
  • Rückenmuskulatur
  • Gesäßmuskulatur

Alle vier beeinflussen sich gegenseitig. So kann es vorkommen, dass zum Beispiel eine geschwächte Beckenbodenmuskulatur dazu führt, dass „frau“ nicht mehr tief in den Bauch atmet. Das passiert unbewusst, da die Betroffene „gelernt“ hat, dass das tiefe Einatmen Druck im Beckenboden erzeugt und sie diesem nicht Stand halten kann (als Beispiel: Harnverlust beim Lachen). Als positives Beispiel wird in der Rückbildung genau das Gegenteil genutzt. Durch eine adäquate Ausatmung kann der Beckenboden mit „nach oben“ gezogen werden. Die Physiotherapeutin nützt diese Funktion in der Therapie, um der Patientin den Effekt einer „funktionellen Atmung“ näher zu bringen. Nach etwas Übung kann dies dann bei anderen körperlichen Übungen umgesetzt werden und es kommt zu einer automatischen Anspannung des Beckenbodens. Funktionieren alle vier Mitspieler einwandfrei, kann aus physiotherapeutischer Sicht von einer stabilen Mitte gesprochen werden.

Originalbild unter: http://oreste.fotograf.de/photo/57026310-c2c4-4546-9080-675e0a0f43a8

Originalbild unter: http://oreste.fotograf.de/photo/5702631f-a7e8-4182-8c1d-0abf0a5a0543

Einstieg in das Beckenbodentraining

Zum Einstieg in dein Beckenbodentraining kannst du mit der folgende Spürübung versuchen, die knöchernen Begrenzungen deines Beckenbodens wahrzunehmen:

  • Nimm dir ein kleines Handtuch und rolle es zusammen. Lege die Rolle im Längsverlauf auf einen Hocker und setze dich drauf. Das Handtuch reicht von deinem Schambein zum Steißbein.
  • Setze dich aufrecht hin, ziehe deine Schulterblätter nach hinten/unten.
  • Deine Beine stehen dabei hüftbreit fest am Boden.
  • Schließe deine Augen.
  • Versuche nun, die knöchernen Grenzen deines Beckenbodens zu spüren.
  • Lehne dich nach links und rechts – das sind deine Sitzbeinhöcker.
  • Lehne deinen aufrechten Oberkörper nach vorne – das ist dein Schambein.
  • Nach hinten gelehnt spürst du dein Steißbein.

In derselben Position kannst du die beiden folgenden Übungen machen:

Aktivierung des jeweiligen Schließmuskels – die Achterschleife (äußere Muskelschicht)

  • Wenn du dich nun mit geradem Oberkörper nach vorne lehnst, wirst du deinen vorderen Schließmuskel intensiver spüren.
  • Versuche ihn separat zu aktivieren – ganz sanft zehnmal.
  • Wenn du dich nach hinten lehnst, wirst du deinen hinteren Schließmuskel deutlicher spüren.
  • Versuche auch ihn alleine anzuspannen.
  • Keine Angst – bei den ersten Malen wird gefühlt „alles“ mitangespannt. Mit etwas Übung wirst du sie besser wahrnehmen und ansteuern können. Für eine einwandfreie Funktion des Beckenbodens ist es auch maßgeblich, die mittlere und innere Muskelschicht zu finden und aktivieren zu können.

Das Zusammenspiel mit dem Zwerchfell

  • Setze dich gerade auf die Handtuchrolle.
  • Konzentriere dich auf deine Atmung, die tief in den Bauch geht.
  • Versuche so lange auszuatmen, bis du spürst, dass sich der Beckenboden leicht abhebt.

Viel Erfolg beim Spüren und Testen!

Du möchtest mehr erfahren und mit spezialisierten Physiotherapeutinnen deinen Beckenboden kräftigen und deine körperlichen Ziele erreichen? In der Running Clinic bieten wir dir ganzjährig medizinisches Outdoor Training in der Gruppe mit Schwangeren und Müttern. Genaue Informationen findest du unter runningclinic.at und in der Facebook-Gruppe.

Autorin: Franziska Malle