Ein kraftvoller Beckenboden in der SchwangerschaftDas unverzichtbare Element für die stabile Mitte

„Warum muss man schon in der Schwangerschaft den Beckenboden trainieren? Bauchmuskeltraining ist doch auch verboten in dieser Zeit, oder? Reicht all das Training nicht nach der Geburt?“ Diese und andere Fragen führen oft dazu, dass man sportliche Betätigungen in der Schwangerschaft meidet, obwohl es doch so wichtig und förderlich für Mutter und Kind ist, sich auch in der Schwangerschaft aktiv zu bewegen und sich mit dem Thema „Beckenboden- und Rumpftraining“ schon zu diesem Zeitpunkt auseinanderzusetzen. Denn ein gesunder Beckenboden bildet mit der Bauchmuskulatur, dem Zwerchfell und der Rückenmuskulatur eine funktionelle Einheit – diese gewährleistet Stabilität für den gesamten Rumpf.

Der Beckenboden, Hauptakteur dieser funktionellen Einheit, wird mit dem steigenden Gewicht in der Schwangerschaft gefordert. Um Probleme vorzubeugen, ist es daher notwendig, sich bereits jetzt mit dem Beckenboden auseinanderzusetzen. Besonders Wahrnehmungsübungen helfen der werdenden Mutter ihren Beckenboden gezielt einzusetzen. Nicht nur die Kräftigung ist wichtig. Auch die Fähigkeit zu ENTspannen ist für einen voll funktionsfähigen Beckenboden von Bedeutung. Außerdem ist das Entspannen eine wesentliche Voraussetzung für die Austreibungsphase.

Kommt es zu einem muskulären Ungleichgewicht wie Verspannungen oder Schwächen innerhalb der einzelnen oder mehrerer Muskelgruppen dieser Einheit, können folgende Beschwerden in Bezug auf den Beckenboden auftreten:

  • Schmerzen im Rücken und/oder der Hüfte
  • Druckgefühl im Beckenboden
  • Harnverlust beim Niesen/Husten/Heben
  • Probleme beim Atmen
  • diverse Verspannungen besonders im Nacken/Kopf und/oder Knie/Fuß
  • schlaffes Bindegewebe
  • in schlimmen Fällen: Blasen-/Gebärmuttervorfall

Ist dies der Fall sollte man seinen Gynäkologen kontaktieren. Physiotherapie hilft dabei, den Beckenboden zu regulieren sowie die Rumpfmuskulatur aufzubauen.

Oft sind es nur ein paar Übungen, die der werdenden Mutter dabei helfen, die Schwangerschaft schmerzfrei zu genießen. Steht aus ärztlicher Sicht einer aktiven Geburtsvorbereitung nichts im Wege, sollte diese Möglichkeit unbedingt genutzt werden. Das eigene Gewicht und der Blutdruck werden durch körperliche Betätigung reguliert sowie der Stoffwechsel angeregt.

Drei Übungen für mehr Rumpfstabilität in der Schwangerschaft:

Übung 1

Übung 1: Beckenbodenaktivierung mit Bauchatmung

Für eine funktionelle und korrekte Beckenbodenaktivierung ist die Bauchatmung essenziell. Daher haben die Ein- und Ausatmung einen wichtigen Einfluss auf den Beckenboden.

15 Wiederholungen, 3 Durchgänge

Ausgangsposition:

Aufrechter Sitz – Hände auf den Bauch legen.

Durchführung:

  • Einatmen: Tief durch die Nase in den Bauch atmen (Bauch bewegt sich leicht nach vorne), der Beckenboden wird dabei entspannt – ein leichter Druck nach unten kann verspürt werden.
  • Ausatmen: Beckenbodenmuskulatur anspannen (etwas in sich hineinsaugen bzw. das Baby zu sich hochziehen) und den Bauchnabel leicht nach innen oben ziehen.
  • Tipp: Die Ausatmung sollte länger als die Einatmung dauern.

Diesen Atemrhythmus sollte man in der Schwangerschaft gut verinnerlichen. Der Beckenboden wird trainiert und die Bauchatmung unterstützt (Mutter und Kind bekommen hierbei den meisten Sauerstoff). Wenn man das in der Schwangerschaft gut annehmen kann, wird auch die Rückbildung nach der Geburt begünstigt.

Übung 2

Übung 2: Schräge und seitliche Bauchmuskeln aktivieren

Im Laufe der Schwangerschaft übernehmen vorwiegend die schrägen und seitlichen Bauchmuskeln die stützende Funktion des Babybauchs von vorne, da der gerade Bauchmuskel nach links und rechts verlagert wird. Auch für die Austreibungsphase sollten diese Muskeln gestärkt werden.

15 Wiederholungen, 3 Durchgänge pro Seite

Ausgangsposition:

Seitenlage im Unterarmstütz mit angewinkelten Beinen.

Durchführung:

  • Während der gesamten Übung: Bauchnabel zieht leicht nach innen oben und Schulter des abgestützten Armes zieht weg vom Ohr.
  • Oberes Knie mit dem oberen Ellbogen zusammenführen und dann wieder wegstrecken.

Übung 3

Übung 3: Rückenmuskulatur kräftigen

Das nach vorne ziehende Gewicht des Babybauchs muss auch von hinten gehalten werden. Diese Aufgabe übernimmt die Rückenmuskulatur. Auch hier muss die Beckenbodenmuskulatur von Beginn an aktiviert sein.

15 Wiederholungen pro Seite, 3 Durchgänge pro Seite

Ausgangsposition:

Vierfüßler

Durchführung:

  • Während der Übung: Bauchnabel einziehen – zieh dein Kind zu dir.
  • Linker Arm mit rechtem Bein ausstrecken und leicht nach oben ziehen.
  • Danach linken Ellbogen zum rechten Knie ziehen.

Sportliche Tipps in der Schwangerschaft

Körperliche Belastungen sollten mit zunehmendem Gewicht reduziert werden. Denn das Gewebe wird aufgrund von hormonellen Veränderungen während der Schwangerschaft weicher. Der Beckenboden wird zusätzlich belastet. Sobald Symptome wie Druckgefühl, Inkontinenz und Schmerzen auftreten, sollte die Belastung angepasst werden. Physiotherapeuten können hierbei mit Rat und Tat zur Seite stehen.

Sport in der Schwangerschaft hat sehr viele Vorteile für Mutter und Kind. Der Mythos, dass sportliche Frauen mit einem kräftigen Beckenboden schwerere Geburten haben, ist veraltet und nicht korrekt. Im Gegenteil: Ein fitter Beckenboden kann sich während der Geburt besser entspannen und es kommt nachweislich zu weniger Geburtsverletzungen bei sportlichen Schwangeren. Zudem ist die Rückbildung bei Frauen, die in der Schwangerschaft ihren Beckenboden trainiert und Sport betrieben haben, meist einfacher. Der Körper kann schneller wieder zu seiner alten Form und Funktion zurückkehren.

Autorin: Brigitte Schinkinger