Stillen und BerufstätigkeitJob und Familie unter einen Hut bringen

Gesunde Babys machen Mütter glücklich und zu zufriedenen Erwerbstätigen! Mütter, die in den ersten sechs Monaten nach der Geburt in den Beruf zurückkehren, entscheiden sich oft für das Abstillen. Dies gilt gleichermaßen für Frauen der unteren sozialen Schichten, die aus finanziellen Gründen sehr früh in ihren Beruf zurückkehren, als auch für Frauen in Führungspositionen. Wie derzeit üblich ein bis zwei Jahre in Karenz zu gehen bedeutet für sie das Karriere aus und lange Berufs-Unterbrechungen verringern die Chancengleichheit. Frauen verdienen derzeit unter anderem weniger, weil sie möglicherweise einmal in Karenz gehen. Und Väter gehen oft nicht in Karenz, weil sie besser verdienen als ihre Partnerin. Weil Personalchefs annehmen, dass Frauen wegen ihrer (künftigen) Kinder weniger Überstunden machen können, wird weniger in ihre Fortbildung investiert. Wenn Männer Väterkarenz in Anspruch nehmen, gilt dies gleichermaßen auch für Männer.

Für berufstätige Mütter sollte das Stillen kein Hindernis sein, ihrem Beruf nachzugehen. Umgekehrt sollte die Rückkehr in den Beruf kein Grund sein, vorzeitig abzustillen. Das Gesetz zum Schutz der erwerbstätigen Mutter (Mutterschutzgesetz-MSchG) gibt den rechtlichen Rahmen für den Schutz der stillenden Mütter am Arbeitsplatz vor. Im § 4a MSchG werden die Beschäftigungsverbote, wie zum Beispiel Nachtdienste für stillende Mütter, geregelt. Der § 9 MSchG regelt die Stillzeit. Stillenden Müttern ist auf Verlangen die zum Stillen ihrer Kinder erforderliche Zeit freizugeben. Diese Freizeit hat an Tagen, an denen die Dienstnehmerin mehr als viereinhalb Stunden arbeitet, fünfundvierzig Minuten zu betragen – bei einer Arbeitszeit von acht oder mehr Stunden ist auf Verlangen zweimal eine Stillzeit von je fünfundvierzig Minuten oder, wenn in der Nähe der Arbeitsstätte keine Stillgelegenheit vorhanden ist, einmal eine Stillzeit von neunzig Minuten zu gewähren. Durch die Gewährung der Stillzeit darf kein Verdienstausfall eintreten. Die Stillzeit darf von stillenden Müttern nicht vor- oder nachgearbeitet und nicht auf die in anderen gesetzlichen Vorschriften oder kollektivvertraglichen Bestimmungen vorgesehenen Ruhepausen angerechnet werden. Die zuständige Verwaltungsbehörde kann dem Arbeitgeber die Einrichtung von Stillräumen vorschreiben, wenn es die Verhältnisse des Einzelfalls erfordern.

Die im Mutterschutzgesetz definierten Stillpausen sollen dazu dienen,

  • das Kind an der Arbeitsstätte zu stillen,
  • zum Stillen nach Hause zu fahren oder
  • Milch abzupumpen.

Entscheidet sich eine Mutter für das Abpumpen, muss sichergestellt werden, dass die abgepumpte Milch unter Beachtung der Kühlkette aufbewahrt und transportiert wird.

Im Kühlschrank hält sich abgepumpte Muttermilch drei bis fünf Tage an der kältesten Stelle bei +4 Grad Celsius. Muttermilch kann im Gefrierschrank bei einer Temperatur von mindestens -20 Grad Celsius sechs Monate aufbewahrt werden. Aufgrund des veränderten Tagesablaufs und des Bedürfnisses nach Haut- und Körperkontakt wird das Kind in der Zeit wo die Mutter zu Hause ist mitunter häufiger angelegt werden mögen, eventuell auch in der Nacht.

Mütter, die die gesetzlichen Stillzeiten in Anspruch nehmen möchten, sollten dies rechtzeitig ihrem Arbeitgeber bekannt geben. Der Arbeitgeber darf eine Still-Bescheinigung von einer Mutterberatungsstelle oder einem Arzt/einer Ärztin verlangen. Wie sich für Mütter das Stillen mit der Berufstätigkeit praktisch vereinbaren lässt, hängt vom Alter des Kindes, der Entfernung zwischen Arbeitsplatz und Wohnung, von der Kinderbetreuung und von der Gestaltung des Arbeitsplatzes bzw. der Art der Arbeit ab und sollte individuell geklärt werden. Die Unterstützung durch Arbeitgeber und KollegInnen ist Voraussetzung, dass eine arbeitende Mutter stillen kann. Selbstverständlich ist diese Unterstützung im Einzelfall aber nicht. Manchmal fühlen sich ArbeitskollegInnen benachteiligt, weil sie die Pausen der stillenden Mütter mitarbeiten müssen, übersehen dabei aber, dass diese durch das Stillen wahrscheinlich weniger Pflegeurlaub in Anspruch nehmen.

Zunehmend mehr Unternehmen bieten ihren Mitarbeiterinnen qualifizierte Teilzeitarbeit an, wobei diese aus einem Angebot von verschiedenen Arbeitsmodellen (Job-Sharing, Home-Office, Flexible Zeiteinteilung etc.) wählen können, und sich auch flexible, an die Bedürfnisse der stillenden Mutter angepasste Arbeitszeiten sowie Stillpausengestaltung vereinbaren lassen. Familienfreundliche Unternehmen sind oft mit dem Gütesiegel „Beruf & Familie“ ausgezeichnet.

Zur Aufrechterhaltung der Milchbildung einer Mutter die ausschließlich stillt ist eine Stillhäufigkeit alle drei bis vier Stunden sinnvoll. Eine Stillmahlzeit dauert circa 15 Minuten zuzüglich der Zeit um in den dafür vorgesehenen Raum zu kommen, das Pumpset auszuwaschen und die Muttermilch im Kühlschrank zu verstauen. Mit Beginn der Beikost, rund um das sechste Lebensmonat, verringert sich die Still- beziehungsweise Pumphäufigkeit.

Mitarbeiterinnen sollten niemals zum Stillen auf das WC verwiesen werden, weil dies nicht die zum Stillen notwendigen hygienischen Anforderungen erfüllt. Der Stillraum ist im Gesetz nicht näher beschrieben. Es sollte eine saubere Räumlichkeit mit bequemer Sitzmöglichkeit in privater Atmosphäre zur Verfügung stehen, in der die stillenden Mütter Milch abpumpen oder ihre Babys stillen können. Für die zum Abpumpen erforderliche Ausrüstung sollte ein fester Aufbewahrungsplatz vorhanden sein, außerdem ein Kühlschrank und ein Waschbecken.

Mütter, die abpumpen möchten, sollten mit dem Abpumpen bereits eine Woche vor Arbeitsbeginn starten, um Übung zu bekommen und sich gegebenenfalls einen kleinen Milchvorrat anzulegen.

Gesunde Kinder machen Unternehmen leistungsstark!

Familienfreundlichkeit hat in Österreich einen hohen Stellenwert. Stillfreundlichkeit zahlt sich auch für Unternehmen aus. Untersuchungen in den USA zeigten, dass Mütter dann wieder in den Beruf zurückkehrten und vor allem früher. Gestillte Kinder erkranken seltener gegenüber nicht gestillten Kindern aufgrund der Inhaltsstoffe der Muttermilch und weil die Muttermilch das Immun- und Abwehrsystem der Kinder stärkt. Daher benötigten Mütter nicht gestillter Kinder mehr als doppelt so oft einen Tag Pflegeurlaub. Die Kosten für Karenzvertretungen, Personalbüros für die Anwerbung und Einschulung können minimiert beziehungsweise eingespart werden. Die Gewährung von Stillzeiten erhöhte die Zufriedenheit und die Unternehmensidentifikation sowie die Produktivität der Mitarbeiterinnen lange über die Zeit des Stillens hinaus. Ein stillfreundlicher Arbeitsplatz ermöglicht Unternehmen soziale Verantwortung zu übernehmen und wertet das familienfreundliche Image des Unternehmens auf. Und nicht zuletzt hat das Stillen auch einen positiven langfristigen Einfluss auf die mütterliche Gesundheit. Stillen reduziert unter anderem das Brustkrebsrisiko.

Die Vereinbarkeit von Stillen und Beruf bestärkt das Selbstbewusstsein der Mütter und gibt ihnen Vertrauen, ihrem Kind den optimalen Start ins Leben zu ermöglichen, ohne auf ihren Beruf verzichten zu müssen.