The Core is the KeyInkontinenz und Schmerzen nach der -Schwangerschaft vermeiden

Nie ist der „Core“, die innerste Schicht der Rumpfmuskulatur, so gefragt, wie in den neun Monaten der Schwangerschaft. Er muss die Wirbelsäule und das Becken stabilisieren, ermöglicht es uns, zu atmen und das alles unter sich ständig ändernden Umständen. Während das Baby heranwächst werden die Muskeln gedehnt und müssen ihre Funktion an die Gegebenheiten anpassen. Nach der Geburt braucht die Muskulatur, wie die Gebärmutter, dann natürlich Zeit, um sich wieder zurückzubilden. Jetzt sind wir mit einem Baby aber doch beträchtlichen Belastungen ausgesetzt und oft stimmt danach das funktionelle Zusammenspiel der einzelnen tiefen Kernmuskeln nicht, was zu Inkontinenzen, Organsenkungen und Schmerzen im Bereich des Beckens und der Wirbelsäule führen kann. Bei jeder Rückbildung sollte also schon von Beginn an der „Core“ miteinbezogen werden.

Core ist nicht gleich Rumpf

Hier muss nun gleich mit einem Irrtum aufgeräumt werden, der heute durch Fitnessmagazine und Social Media sehr weit verbreitet ist: Der „Core“ ist nicht dasselbe wie der Rumpf. Während der Rumpf je nach Definition zwischen 12 und 29 Muskeln umfasst, handelt es sich beim echten „Core“ um die tiefste Schicht der Bauchmuskeln, den Kern also und dieser besteht aus folgenden vier großen Muskeln beziehungsweise Muskelgruppen:

  • dem querverlaufenden tiefen Bauchmuskel (Transversus abdominus)
  • den kleinen wirbelsäulenstabilisierenden Muskeln (Multifidii)
  • dem Zwerchfell (Diaphragma)
  • dem Beckenboden (Diaphragma pelvis)

Ihre Aufgabe ist es, Stabilität in unserer Mitte zu schaffen, um für alle anderen Muskeln ein sicheres Fundament zu bilden. „Core“-Training alleine bringt uns also nicht den heiß ersehnten „Six pack“, aber ohne die tiefen Bauchmuskeln rückt dieses Ziel in weite Ferne.

Warum ist es wichtig nach der Geburt den Beckenboden in Kombination mit den für ihn wichtigen muskulären „Mitspielern“ zu trainieren?

Diese vorher genannten vier Muskelgruppen bilden eine funktionelle Einheit, was bedeutet, dass sie in ihrer Funktion abhängig voneinander sind. Arbeitet nur einer nicht richtig, kann das Auswirkungen auf das gesamte System haben. Das bedeutet, dass ein schlechtes Atemmuster zum Beispiel Inkontinenz zur Folge haben oder umgekehrt ein schwacher Beckenboden Schmerzen in der Wirbelsäule auslösen kann. Gibt es also ein Problem, ist es immer wichtig, die gesamte Einheit zu betrachten und wiederaufzubauen. Rückbildung sollte also immer von Beginn an mit Core-Training in Verbindung stehen, um etwaigen Problemen schon zuvorzukommen.

Wie stark ist euer – „After-Baby-Core“?

Um zu testen, ob eure tiefe Bauchmuskulatur nach der Schwangerschaft auch wirklich einwandfrei arbeitet, solltet ihr euch folgende fünf Fragen stellen.

  • Drückt es meinen Bauch in der Mitte heraus, wenn ich mich aufsetze oder nach hinten beuge?
  • Verliere ich Harn im Alltag oder beim Sport?
  • Halte ich den Atem schon bei kleineren Belastungen, wie Schuhe binden, Taschen heben oder Strumpfhosen hochziehen, an?
  • Habe ich manchmal das Gefühl, als würde meine Wirbelsäule brechen oder als hätte ich ein Brett im Rücken?
  • Bin ich frustriert, weil ich seit der Geburt keine Fortschritte beim Sport mache?
  • Wenn ihr auch nur eine dieser Fragen mit „Ja“ beantwortet habt, solltet ihr professionelle Hilfe bei einem/r spezialisierten Physiotherapeuten/-in oder bei einem medizinischen Rückbildungskurs suchen, um eure tiefen Bauchmuskeln wieder richtig aufzubauen.

Was kann man tun, um vorzubeugen?

Heilen lassen – lasst euch Zeit nach der Geburt. Wartet mit großen Belastungen, bis eure Muskulatur bereit ist. Wer zu früh beginnt, riskiert Probleme. Was nicht heißt, dass ihr nicht gleich an euren tiefen Muskeln arbeiten solltet. Je früher desto besser. Aber wie?

Richtig atmen: Beginnt mit eurer Atmung. Wir sind es gewohnt, den Bauch einzuziehen und nur mehr oberflächlich zu atmen, was die Bewegung unseres Zwerchfells einschränkt. Atmet tief in den Bauch und versucht zu spüren, wie euer Beckenboden bei der Ausatmung automatisch aktiviert wird.

Richtiges „Alignment“: Ein weiterer wichtiger Punkt, um eine optimale Funktion der Kernmuskulatur zu unterstützen, ist die Ausrichtung von Becken und Brustkorb zueinander, mit anderen Worten das „Alignment“. Erst wenn die Position dieser beiden Rumpfanteile stimmt, kann die Muskulatur richtig arbeiten. Das heißt, dass wir, sobald wir Belastungen ausgesetzt sind, wie Kinder aufheben, Einkäufe tragen oder sportliche Aktivitäten aller Art, aufpassen müssen, dass unser Brustkorb über unserem Becken ausgerichtet ist.

Aktivierung des „Cores“: Man kann gleich nach der Entbindung, egal ob vaginale Geburt oder Kaiserschnitt, damit beginnen, die tiefe Kernmuskulatur zu aktivieren, das erleichtert die Regeneration der Muskulatur und die Rückbildung gesamt. Hierzu arbeitet man wieder über die Atmung. Versucht während der Ausatmung den Beckenboden mit hochzuziehen und die Spannung auf den „Core“ weiterlaufen zu lassen. Bei der Einatmung alles entspannen.

Übertragung in den Alltag: Wenn ihr euch mit der Aktivierung und der Ausrichtung soweit sicher seid, könnt ihr damit beginnen, diese Dinge in euren Alltag und vor allem in belastende Situationen zu übertragen.

Autorin: Katharina Beckel, BSc